„Ich wollte die Welt retten, doch es regnete…“

Gedanken über Selbstbestimmtheit und Fremdbestimmtheit.

Wer möchtest Du sein in deinem Leben? Möchtest Du wie ein Spielball sein? Hin und her geworfen vom Schicksal, von äußeren Umständen? Oder möchtest du der Magier deines Lebens sein und - das Ruder fest in der Hand - selbst über deine Geschicke bestimmen?

Eine interessante Frage, oder? Umso mehr, wenn man sie einem gerade 17-Jährigen stellt.

Yunus arbeitet seit dem Frühjahr als Aushilfe bei uns im Café. Dieses Jahr haben wir viele neue, sehr junge Aushilfen in unserem Cateringservice, die schon so viel von dem mitbringen, was man sich von einer guten Aushilfe wünschen kann. Sie sind motiviert, klug und zuverlässig, sie können selbst mitdenken und sie sind einfach nett! Yunus ist einer von Ihnen. Und gerade weil er schon so viele wertvolle Grundlagen mitbringt und weil er intelligent ist, versuche ich ihn zu fördern und zu fordern, damit er auch etwas aus diesem Job für sein Leben mitnehmen kann!

Wie ich das tue? Indem ich ihm Dinge zutraue, indem ich ihm Verantwortung für bestimmte Aufgaben übertrage und versuche ihm hinterher ein konstruktives Feedback zu geben. Indem ich ihn für die Dinge lobe, die er gut gemacht hat und ab und an einen liebevollen Arschtritt verpasse! Und da er wohl spürt, dass die Haltung dahinter immer eine wohlwollende ist, kann er beides gut nehmen.

Yunus hatte mir morgens eine Nachricht geschrieben, in der er mich vorwarnen wollte, dass er vielleicht zu spät zur Arbeit kommen würde, da es regnete und er ja mit dem Fahrrad käme und vorsichtig fahren müsse, weil die Straßen nass seien.

Am Ende kam er dann doch pünktlich!

Ich sehe die positive Absicht hinter einer solchen Textnachricht und weiß diese durchaus zu schätzen und gleichzeitig denke ich, dass es das größte Geschenk ist, eigenverantwortlich und selbstbestimmt durchs Leben zu gehen. Als er sich nachmittags von mir verabschieden möchte, spreche ich das Thema daher noch einmal an:

„Wer möchtest Du sein in deinem Leben? Möchtest Du wie ein Spielball sein? Hin und her geworfen vom Schicksal, von äußeren Umständen? Den Regen verantwortlich machen oder die Bahn, die nicht gefahren ist? Oder möchtest du der Magier deines Lebens sein und - das Ruder fest in der Hand - selbst über deine Geschicke bestimmen? Es ist deine Entscheidung! Wenn es ohnehin klar ist, dass es regnen wird, dann kannst du früher aufstehen, du kannst früher losfahren. Du kannst dich auch entscheiden zu spät zu kommen und den Regen verantwortlich zu machen. Nur sollte Dir dann bewusst sein, dass es eine Ausrede ist! Auch das ist in Ordnung!“

Ich bin selber ein bisschen unsicher. Ist das zu viel für einen 17-Jährigen? Wie wähle ich die richtigen Worte, um ihm zu vermitteln, was ich meine?

Und dann passiert etwas wunderbares! Ein breites Strahlen breitet sich über Yunus Gesicht aus! Er sagt: „Danke! Dieses Feedback nehme ich gerne!“

Und er fährt fort: „Weißt Du, seit ich hier arbeite, habe ich so viel gelernt! Auch über mich! Es fällt mir jetzt auch viel leichter diese Feedbackbögen in der Schule auszufüllen, in denen man seine Stärken beurteilen soll. Durch die Arbeit hier bin ich mir meiner Stärken viel mehr bewusst, und das sind ganz schön viele!“ Sein Gesicht leuchtet!

Ich freue mich wahnsinnig über seine Worte, denn das ist auch ein schönes Feedback für mich. Es zeigt mir, dass es uns als Firma schon ganz gut gelingt, diese jungen Menschen zu bestärken, sie ihre Selbstwirksamkeit spüren zu lassen und ihr Gefühl von Eigenverantwortung zu fördern.

Wenn sie das am Ende aus ihrem Nebenjob mitnehmen, dann ist es doch gar nicht schlecht, oder?

 

Maya Unützer · Am Lüdemannschen Park 2 · 25469 Halstenbek

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